Einwendungen gegen den Bebauungsplan Nr. 68

Wir haben unsere Einwendungen gegen das Bauvorhaben in der Sudetenstraße eingereicht:

(Einwendungen im Pdf-Format)

 

Bauvorhaben Sudetenstraße, Bebauungsplan Nr. 68

Sehr geehrte Damen und Herren,                                     Linden, 21.05.2020

 im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 68 „Am Bahnhof“ machen wir gegen das Bauvorhaben folgende Einwendungen geltend.

Vorbemerkung

Bereits nach Bekanntwerden der ersten Pläne formierte sich in der Stadt Linden ein breiter Widerstand gegen das Vorhaben. Hauptkritikpunkt der geplanten Wohnbebauung war die Sorge über eine Vernichtung des Grünstreifens zwischen der Sudetenstraße und den Bahngleisen.

Schnell wurde deutlich, dass sich der Unmut an genau dieser Fläche kristallisierte, auch wenn zahlreiche weitere Gegenargumente geäußert wurden. Umso überraschender erscheint es, dass der ausliegende Bebauungsplan Nr. 68 in diesem wesentlichen Punkt nicht dem vorgestellten Bebauungsvorschlag entspricht:

Breiter Konsens des Bürgerwillens war, dass der flächendeckende Baumbestand der öffentlichen Grünfläche entlang der Sudetenstraße keinesfalls für das Projekt geopfert werden solle. Viel zu wichtig seien die großen Bäume in Hinblick auf die Biodiversität, den Klimaschutz und als identitätsstiftende Struktur – gerade weil in der Stadt auffallend wenig alter Laubbaumbestand vorhanden sei. Daher wurde vom Investor anschließend ein »Wir haben verstanden« signalisiert und ein zweiter Entwurf entwickelt. Eine weitere Bürgerinformationsveranstaltung stellte den Plan vor.

Das Thema der Bebauung sei nun »Wohnen im Grünen« wurde da formuliert – der eigentliche Grünstreifen solle sogar deutlich »ökologisch aufgewertet« werden. Denn:

Der Bestand der Grünfläche solle nun bis auf kleine Bereiche erhalten bleiben. In den Plänen war deutlich die »Bestands-Vegetation« für weite Teile der Grünfläche eingezeichnet, die attraktive grüne Aussicht der zukünftigen Bewohner in den alten Baumbestand wurde hervorgehoben. Ein Ankauf der Grünfläche durch den Investor sei nicht mehr vorgesehen, hieß es, diese Fläche könne und solle besser in öffentlicher Hand bleiben. Auf ausdrückliche Nachfragen wurde zugesichert, dass eine Bebauung wirklich ohne Zerstörung oder Fällungen in diesem Bereich umgesetzt werden könne. Da an wenigen Stellen vorhandene Vegetation entfallen müsse, seien etliche Nachpflanzungen mit ökologisch wertvollen Baumarten vorgesehen. Im Bebauungsvorschlag waren entsprechende Bereiche als »Mehr-Bepflanzung« gekennzeichnet. »Das grüne Band bleibt komplett stehen«, wurde Bürgermeister Jörg König im Nachgang der Veranstaltung in der Zeitung zitiert (https://www.giessener-allgemeine.de/kreis-giessen/linden-ort848774/linden-stadt-investor-reagieren-nach-kritik-buergern-13162730.html; abgerufen am 15.05.2020), und: »Es ist eine Aufwertung des Grünstreifens«. Entgegen dem Investor wollte er sich damals aber noch nicht festlegen, ob die Grünfläche in öffentlicher Hand bleibe oder an den Investor übergehen solle.

Der nun ausliegende Bebauungsplan weicht von den mündlich getroffenen Aussagen und vom vorgestellten Bebauungsvorschlag wesentlich ab.

Der Grünstreifen ist im Plan komplett als private Grünfläche angegeben.

Es finden sich keine Hinweise auf den Erhalt von Bäumen, da im gesamten Plan lediglich Vorgaben zu »Neupflanzungen« von Bäumen enthalten sind. Mehr noch: Der vorhandene flächendeckende Gehölzbestand wird im Plan als »70 % Blumenwiese« angegeben – dies schließt einen alten Baumbestand mit nahezu 100 % Deckungsgrad völlig aus.

Durch diesen Bebauungsplan wird der Baumbestand komplett zur Rodung freigegeben.

 Dabei wird den Bürgerinnen und Bürgern für das Projekt einiges abverlangt: Statt eines eingewachsenen Straßenzuges mit haushohen, alten Bäumen (und dahinter ein freier Blick über das Feld) soll die andere Straßenseite durch 4 Vollgeschosse (plus Garagen-Etage) eines giebelhohen Wohnkastens abgeriegelt werden, Form und Größe des Bauwerks werden ortsbildprägend deutlich auch vom Lückebachtal aus erkennbar sein, Bewohner von 100 Wohnungen werden Linden an dieser Stelle beleben – obwohl die Ziele der städtebaulichen Entwicklung (Klimaschutz, sozialverträglicher Wohnraum, Förderung von Biodiversität und Biotopvernetzung, Verkehrslenkung, etc.) in Linden noch nicht konkretisiert wurden.

Die Gebäudehöhe von 204,5 m ü. NN – damit sogar etwas höher als die restlichen Giebel in der Sudetenstraße – wurde mit dem Erhalt der Bäume und Wegfall von Baufläche legitimiert. Gegenüber dem ersten Entwurf hat sich die geplante Geschosshöhe von 3 auf 4 Vollgeschosse (plus Garagendeck) erhöht.

In Anbetracht eines solchen engagierten Projektes haben die Lindener Bürger zu Recht erwartet, dass hier sorgsam Nutzen (d. h. die Schaffung von Wohnraum) und Belastung für die Allgemeinheit abgewogen und die versprochenen Angaben umgesetzt werden.

 Leider haben sich die Erwartungen nicht erfüllt!

Im Einzelnen machen wir folgende Einwendungen geltend:

Umwandlung von privater Fläche in Bauland

Entsprechend einer Vereinbarung des Stadtparlaments sollen Baugebiete in Linden nur auf Flächen ausgewiesen werden, die im Besitz der Stadt sind. Die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 68 weicht davon ab, da hier Fläche im Privateigentum durch die Umwandlung in Bauland aufgewertet wird. Eine Prüfung und Abstimmung, ob und wieso hier von dieser Regelung abgewichen werden kann, erfolgte nicht.

Sozialverträgliches Bauen

Bislang sind für die Fläche keinerlei Regelungen zur Zusammensetzung der Wohnbevölkerung getroffen worden, es werden keine Quoten für sozialen Wohnungsbau oder sozialverträgliche Wohnungen angegeben. Zwar wurde ein solches Anliegen beim Aufstellungsbeschluss geäußert (https://www.giessener-allgemeine.de/kreis-giessen/linden-ort848774/linden-neue-wohnungen-geplantes-baugebiet-rueckt-naeher-13199353.html), Ansätze für eine konkrete Ausgestaltung fehlen jedoch bisher. Es ist kaum vorstellbar, dass ein städtebaulicher Vertrag nun nach Fertigstellung des Bebauungsplans noch maßgebliche Erfolge für soziales Wohnen wie Sozialwohnungen oder gedeckelte Mieten erwirken kann. Dabei zeigt Linden gerade hier einen hohen Handlungsbedarf: Die Stadt weist den höchsten Bevölkerungszuwachs im Kreis Gießen auf, muss aber einen drastischen Rückgang der Sozialwohnungen verzeichnen (s. GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH: Wohnraumversorgungskonzept für den sozialen Wohnungsbau für den Landkreis Gießen – Bericht. Hamburg 2017).

Klimaschutz und energieeffizientes Bauen

Es fehlen konkrete Vorgaben zum energieeffizienten Bauen. Entsprechend Punkt 2 lassen sich zu einem so späten Zeitpunkt der Planung auch kaum engagierte Klimaschutzziele für den Bau umsetzen. Leider hat Linden eine Stelle für einen Klimaschutzmanager immer noch nicht besetzen können – an dieser Stelle fehlt der Stadt schmerzlich eine gute Beratung und Koordinierung der Möglichkeiten und Handlungsfelder!

Zu der mit Planzeichen »private Grünfläche« bezeichneten Fläche

Den Bürgern wurde durch den Investor Revikon signalisiert, dass die Grünfläche in öffentlicher Hand bleiben könne – der Bebauungsplan sieht das nun anders vor und weist die Fläche als private Grünfläche aus. Es bestehen dabei aber erhebliche Zweifel am Erhalt des Baumbestandes (s. »Vorbemerkung« und Kap. »Zu Punkt 2.4.1« sowie »Zu Punkt 2.4.6«). Daher fordern wir den Verbleib der Grünfläche an der Sudetenstraße in öffentlicher Hand. Nur im Rahmen einer öffentlichen Grünfläche behält die Stadt die Kontrolle über den Erhalt des Baumbestandes der Fläche. Auch ein (wünschenswertes) naturnahes, nachhaltiges Pflegekonzept für die Fläche als strukturgebender Bestandteil des grünen Bandes ist nur so denkbar. Es bestehen erhebliche Zweifel, dass entsprechende Planvorgaben auf Privatgrund nachhaltig umsetzbar sind (s. dazu das Neubaugebiet »Die Tränke«: Auf dem Bebauungsplan wurde auf Privatflächen sogar eine sog. Ausgleichsfläche mit einer ein- bis zweischürige Mahd definiert. Eine entsprechende Umsetzung ist nicht erfolgt und ist an dieser Stelle auch unrealistisch).

Gebäudehöhe

Den Bürgern wurde durch den Investor zugesichert, dass der Baumbestand als optisch trennendes Element zwischen dem geplanten Wohngebäude und der bestehenden Bebauung Sudetenstraße erhalten werden solle. Aber gerade für den Erhalt der Bäume müsse die verbleibende Fläche höher bebaut werden, um das Projekt rentabel zu halten. Da allerdings im Bebauungsplan nun keine Bäume als Bestand eingezeichnet sind, entfällt diese Begründung.

Die mit 204 ,5 m ü. NN bezeichnete zulässige Gebäudehöhe ist unverhältnismäßig. Da die vorhandene Bebauung Giebeldächer aufweist, ist ein geplante Neubau in dieser Höhe als ortsunüblich und unpassend zu bezeichnen. Da nur Vollgeschosse geplant sind, muss die Gebäudehöhe um mindestens ein Stockwerk reduziert werden, um sich in den Bestand einzugliedern.

Zu Punkt 2.1. Textliche Festsetzung

Das Gebiet der geplanten Wohnbebauung wird im Bebauungsplan als »allgemeines Wohngebiet« ausgewiesen. Der Investor hat das Projekt mit dem Argument vorgestellt, zusätzlichen Wohnraum schaffen zu wollen. Damit dieser Zweck auch bestmöglich erfüllt wird, muss geprüft werden, ob die Fläche als »reines Wohngebiet« ausgewiesen werden kann. Auf eine weitere Erhöhung des Geräusch- und Verkehrsaufkommens durch Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe sollte zugunsten der Anwohner in dieser begrenzt zugänglichen Lage auf jeden Fall in der Regel verzichtet werden, zumal die Schaffung von echtem Wohnraum Priorität haben sollte. Durch das angrenzende Gewerbegebiet ist eine prinzipiell gewünschte Durchmischung im Wohnumfeld bereits gegeben.

Zu Punkt 2.1.1 Textliche Festsetzung

Der Satz ist unvollständig, es ist nicht ersichtlich, was neben der Versorgung dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften und nicht störenden Handwerksbetrieben noch zulässig sein soll.

Zu Punkt 2.4.1 Textliche Festsetzung

Wie in Luftbildaufnahmen zu erkennen ist, beträgt der Deckungsgrad der im Bebauungsplan Nr. 68 als private Grünfläche bezeichneten Fläche mit Laubgehölzen – darunter viele prägende Laubbäume – nahezu 100 %. Die Umwandlung von 70 % dieser Fläche in eine Blumenwiese lässt sich nicht in Übereinstimmung mit dem Erhalt dieses Baumbestandes bringen.

Der Bebauungsplan schreibt innerhalb dieser Fläche lediglich Neupflanzungen von Bäumen vor: Damit wird der komplette Baumbestand zur Abholzung freigegeben, ein Erhalt von Bäumen ist im Bauplan nicht vorgesehen.

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass der Investor eine erlaubte Rodung nicht durchführen wird, da dies Aufwand und Kosten der Baumaßnahme erheblich reduzieren kann.

Punkt 2.4.1 steht im Widerspruch zum versprochenen Erhalt der Bäume und damit ist die wesentliche Bedingung für eine Bürgerakzeptanz des Projekts und auch die Grundlage des Aufstellungsbeschlusses hinfällig.

Die Auswirkung von Rodung und Neuanlage der Fläche als Blumenwiese auf die Entwicklung eines sog. »Grünen Bandes« in Linden wurden nicht untersucht – obwohl dieser Altbestand der Bäume entlang der Bahnstrecke ein geeigneter Ausgangspunkt für das Grüne Band wäre (s. dazu Gesamtstädtisches Integriertes Stadtentwicklungskonzept der Stadt Linden, Abb. 62 sowie Jörg Bergstedt: Biotopschutz in der Praxis. John Wiley & Sons 2012, Kap. 4.6.2.4). Bevor ein relevanter Baumbestand gerodet wird, sollten – auch entsprechend den Empfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz (Böhm J., Böhme C. et al.: Urbanes Grün in der doppelten Innenentwicklung. F+E-Vorhaben FKZ 3513820500, Bundesamt für Naturschutz, Bonn 2015; https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Forschungsdatenbank/fkz_3513_82_0500_urbanes_gruen_innenentwicklung_bf.pdf, Kapitel 5) –  generelle Ziele und Vorgaben zu Erhalt und Entwicklung der Grünstrukturen genauer definiert werden. Im gesamtstädtischen integrierten Stadtentwicklungskonzept der Stadt Linden ist als Maßnahme für das Grüne Band bisher lediglich eine Bestandsaufnahme in Planung. Weitere Ausgestaltung des Bandes sowie die drängenden Aspekte Klimaschutz und Biodiversitätsstrategie fehlen bisher noch.

Es ist unverständlich, dass Bestandsbäume hier für eine Nachpflanzung fallen sollen, da die ökologische Wertigkeit eng mit dem Baumalter verknüpft ist und es Jahre dauern wird, bis Nachpflanzungen einen Altbestand ersetzen können (http://www.swild.ch/publi/Gloor_JdB_2018.pdf, abgerufen am 16.05.2020).

Daher sind die Bäume entsprechend ihrer Zahl und Lage im Grünstreifen als Bestand zu kennzeichnen.

Zu Punkt 2.6.1 Textliche Festsetzung

Der Bebauungsplan schreibt innerhalb dieser privaten Grünfläche lediglich Neupflanzungen von Bäumen vor. Jedoch befindet sich hier bereits ein alter Baumbestand (siehe Kapitel »Zu Punkt 2.4.1«). Vorhandene Bäume müssen daher entsprechend Anzahl und Standort im Bebauungsplan als Bestand bezeichnet werden.

Notwendige oder ergänzende Nachpflanzungen (z. B. in den mit »Neupflanzungen« bezeichnete Bereiche im Bebauungsvorschlag) müssen ausschließlich mit heimischen Laubgehölzen durchgeführt werden. Da vom Investor Revikon im Vorfeld die »mindere ökologische Qualität« der Gehölze im Bestand kritisiert wurde (insbesondere die der Robinien) sollte die angegebene Artenliste Arten mit besonders hohem Biodiversitätsindex aufweisen (s. dazu Glohr S, Hofbauer M. G: Der ökologische Wert von Stadtbäumen bezüglich der Biodiversität. Jahrbuch der Baumpflege 2018, 22. Jg. S. 33–48; http://www.swild.ch/publi/Gloor_JdB_2018.pdf, abgerufen am 16.05.2020). Die Artenliste ist dahingehend zu prüfen und entsprechend abzuändern.

Für eine ökologische Aufwertung müssen auch Arten mit reinem Zierwert vermieden werden: Etliche Arten alter Bauerngärten bieten Nahrungsspezialisten der heimischen Fauna kein passendes Angebot oder sind in Sorten züchterisch so verändert (»sterile Blüten«), dass ihre ökologische Wertigkeit stark abgenommen hat. Die Liste sollte dementsprechend abgeändert werden und sich nicht auf die Grünfläche, sondern lediglich auf die restlichen Freiflächen beziehen.

Der genannte Verweis auf die Artenliste ist fehlerhaft: Die angegebenen Nummern 2.2.4.1 bis 2.2.4.3. existieren in der textlichen Fassung nicht!

Zu Punkt 3.2.4.1 Textliche Festsetzung

Die genannten Baumarten Amberbaum und Gingko sind keine heimischen Laubbäume und gehören daher eindeutig nicht in diese Liste. Ihr Biodiversitätsindex ist zudem äußerst gering (Glohr S, Hofbauer M. G: Der ökologische Wert von Stadtbäumen bezüglich der Biodiversität. Jahrbuch der Baumpflege 2018, 22. Jg. S. 33–48; http://www.swild.ch/publi/Gloor_JdB_2018.pdf, abgerufen am 16.05.2020) Da diese trotzdem Eingang in die Artenliste gefunden haben, ist zu prüfen, welche Kriterien der Liste zugrunde gelegt wurden. Da der Investor eine ökologische Aufwertung der Fläche durch zusätzliche Anpflanzungen angekündigt hat, muss eine passende Artenliste mit entsprechender Kompetenz erstellt werden.

Zu Punkt 3.2.4.3 Textliche Festsetzung

Siehe »Zu Punkt 2.6.1«: Die Liste muss dementsprechend abgeändert werden und darf sich nicht auf die Grünfläche, sondern nur die restlichen Freiflächen beziehen.

Zu Punkt 4.6.1 c) Textliche Festsetzung

Hinweis: Die Zeiten für Rodungen und Gehölzrückschnitte (dabei ist unbedingt der Baumbestand entsprechend der »Bestands-Vegetation« im Bebauungsvorschlag zu erhalten) müssen verbindlich eingehalten werden, damit nicht wieder Fällungen nach dem 01.03. durchgeführt werden, wie zuletzt in Linden in der ersten Märzhälfte 2020 geschehen (https://www.giessener-anzeiger.de/lokales/kreis-giessen/landkreis/bahndamm-in-grossen-linden-wird-im-mai-saniert_21486357, abgerufen am 15.05.2020).

Zu Punkt 4.6.1 d) und e) Textliche Festsetzung

Die Nummerierung ist nicht stimmig.

Bei Projektvorstellung wurde als geschützte Art die Blauflügelige Ödlandschrecke genannt, die auf der Fläche angetroffen wurde. Jedoch wurde eingeräumt, dass bisher noch nicht zu allen Jahreszeiten das Vorkommen weiterer relevanter Arten geprüft wurde. Daher muss zunächst ein entsprechend vollumfängliches Gutachten vorgelegt werden. Nur so ist sichergestellt, dass die Prüfung alle Jahreszeiten umfasst, die Ergebnisse entsprechend abgebildet sind, alle Belange entsprechend berücksichtigt werden und sich die Bürgerinnen und Bürger ein umfassendes Bild über die Auswirkungen des Projekts machen können.

Zu Punkt 4.6.1 g) Textliche Festsetzung

Der Bebauungsplan sieht vor, lediglich aktuell bewohnte und damit durch die Baumaßnahme entfallende Ruhe- und Fortpflanzungsstätten zu ersetzen. Es entfallen aber in jedem Fall potenzielle Ruhe- und Nistgelegenheiten – unerheblich, ob sie gerade genutzt werden. Daher sollen am geplanten Neubau im Bebauungsplan Nist- und Fledermauskästen eingefordert werden.

Abschließende Bemerkung

Immer müssen bei der Erschließung neuer Baugebiete vielfältige Interessen gegeneinander abgewogen werden. So wird im gesamtstädtischen integrierten Stadtentwicklungskonzept der Stadt Linden die Aktivierung von Bauflächen mit hohem Handlungsbedarf angegeben – allerdings ebenso die Sicherung des Baumbestandes und die Entwicklung und Erweiterung von innerörtlichen Grünflächen in Form eines »«Grünen Bandes«.

Gerade in diesem Spannungsfeld erschien die Umsetzung der Baumaßnahme unter Erhalt des Baumbestandes zunächst als eine für die Allgemeinheit einigermaßen verträgliche Lösung, obwohl noch erhebliche Zweifel bestehen blieben, welche Auswirkungen das große Projekt auf die Stadtentwicklung (z.B. Verkehr) haben wird oder ob der geschaffene Wohnraum überhaupt entsprechende Wohnqualitäten bieten kann.

Leider muss die Offenlegung des Bebauungsplans nun aber als starker Rückschlag für das Bürgervertrauen gewertet werden, da sich die Grundvoraussetzung maßgeblich geändert hat.

Es ist mehr als nachvollziehbar, wenn Bürgerinnen und Bürger das Vorgehen als Täuschung empfinden.

V.i.s.d.P  Dr. Christof Schütz, Am Lückenberg 18, 35440 Linden